Opportunistic: Drägerwerk Genussscheine
Interessant – aber leider auch schon weit gelaufen – sind die Drägerwerk Genussscheine. Diese sind erheblich illiquider als die Aktien – bieten aber auch ein besseres erheblich besseres Chance/Risikoprofil:
Die Kapitalstruktur von Dräger ist wie folgt:
10,1 Mio Stammaktien
6,3 Mio. Vorzugsaktien
1,4 Mio. Genussscheine
Die Genüsse – ausgegeben in den 80igern als Belegschaftsvergütung und Co – verbriefen das Recht auf die 10-Fache Dividende der Vorzugsaktien. Schüttet Dräger 10 Cent Dividende aus, müssen die Genüsse also 1,00€ zahlen. Schüttet Dräger 1 Euro an die Aktionäre aus, verteilt sich die Ausschüttung wie folgt:
30 Cent an die Stämme
24 Cent an die Vorzüge (bevorrechtigt)
46 Cent an die Genüsse (bevorrechtigt)
Das ist der Schlüssel für unsere Investmentthese.
Aus diesem Ausschüttungsprofil heraus, war Dräger in der Vergangenheit extrem knausrig, wenn es um Ausschüttungen von Dividenden ging, denn es ging ja praktisch 50% an die Genussscheine.
Mittlerweile gibt es aber einen interessanten Katalysator: Mit dem Rückkauf der Medizintechnik-Sparte hat Drägerwerk die Stämme an der Börse listen lassen. Um die Stämme (die ja als letztes Dividende erzielen) attraktiv zu halten, muss Dräger langfristig eine akzeptable Ausschüttungsquote anstreben – oder (aus unserer Sicht nicht auszuschließen) die Genüsse von der Börse nehmen. Die Genüsse sind dabei (aus Sicht der Gesellschaft) ein schwarzes Loch! Für jeden ausgeschütteten Euro erhalten die GS-Besitzer 10x so viel wie “normale” Vorzugsaktionäre. Dabei notieren die Genüsse knapp beim 2-Fachen der Vorzüge. –> Wer kauft also Vorzüge wenn er mittlerweile auch das Stimmrecht haben kann und die Genüsse als Alternative hat???
In einem Interview zur Emission der Stammaktien hat Dräger verlauten lassen, dass eine stabile Ausschüttungsquote von 30% angestrebt wird. Q1-Q3 hat Dräger ~70 Mio Euro verdient. Nimmt man die Analystenschätzungen von rund 90 Mio € als Jahresgewinn für bare Münze würde eine Ausschüttungsquote von 30% rund 27 Mio Euro Ausschüttung bedeuten. 46% davon an die GS-Inhaber bedeuten rund 12,4 Mio Euro oder ~9 Euro für die GS-Inhaber. Dazu kommt für 2010 eine Entschädigung für die Verwässerung der vergangenen Kapitalerhöhung. Diese steht noch nicht fest – sollte sich aber im Bereich von ~4 € bewegen.
In Summe gibt es also bei einem Kurs von 120€ eine 10% Ausschüttung für 2010.
Mittelfristig gibt das Management eine Ziel-Ebitmarge von 10% für die nächsten Jahre aus. Somit besteht die gute Chance, dass die Drägerwerk Genüsse eine Ausschüttung von ~10-15€ pro Jahr ausschütten. Eine (langfristig zwingend notwendige) Ablösung der Genüsse wird Drägerwerk dabei deutlich teurer zu stehen kommen als “nur” 120 Euro pro Schein.
Auch ohne Abfindung ist Dräger daher als Beimischung interessant – auch wenn die Margin of Safety im letzten Jahr erheblich abgenommen hat! Der laufenden GS-Rendite von ~8% stehen zusätzlich Chancen von Abfindung und steigendem Ergebnis – an dem die GS ja überproportional partizipieren gegenüber.
Nun zu den Risiken:
– Wettbewerb: Dräger ist in der Vergangenheit nicht sehr rentabel gewesen. Siemens, GE und Co haben in diesem Bereich viel bessere Margen. Warum schafft es Dräger nicht diese zu verbessern?
– Restrukturierungsprogramm (ohne das sich der Markt über Nacht völlig geändert hätte)
– sehr breite Aufstellung (diworsification?)
– ineffizientes Kapitalmanagement (wie kann sowas wie GS vom Management geduldet werden???)
Nachdem die Drägerwerk Genussscheine noch immer im Portfolio sind: Ich nehme an, die Ankündigung der drastischen Dividendenzahlung zielt in erster Linie auf einen endlich geplanten Rückkauf der Genusscheine ab – allerdings nicht zu den aktuellen Preisen.
Operativ lief es nämlich gar nicht komplett schlecht, aber die Restrukturierungskosten drücken das Ergebnis in erster Linie. (Was auch nicht gut ist, aber langfristig eine gute “Investition” sein könnte). Wenn man dann die Dividende kürzt, aber gleichzeitig Aktienrückkäufe in Aussicht stellt, sieht das für mich stärker nach einem “Plan B” aus, als nach einem tatsächlichen Einschnitt für die Aktionäre.
P.S.: inhaltlich ist der Blog wirklich Top! Kleine, unbedeutende Einschränkung: Dies gilt allerdings nicht für die Bedienbarkeit über die Suchfunktion für ältere Beiträge….(Die ist aber auch eine gegebene Blogfunktion und hat nichts mit dem eigentlichen Inhalt zu tun)
danke für den Kommentar. Die Draeger Scheine sind für mich auf dem Level nach wie vor eine Halteposition, sehe das ähnlich.
Für die Suchfunktion kann ich nix, evtl. müsste ich besser indexieren 😉
Wäre denn nach den Genusscheinbedingungen ein Tender für die Aktie (was in etwa eine Dividende wäre) möglich? Ansonsten kommt durch Rückkäufe an der Börse nichts direkt bei den Aktionären an. Ein Tender gekoppelt mit der nachträglichen Ausgabe der zurückgekauften Aktien als Gratisaktien wäre eine interessante Sache. Ich war mir da nie sicher wie sicher diese Genusscheine sind, aber kenne mich auch nicht so sehr mit Genusscheinen aus.
@Martin: Du hast natürlich vollkommen Recht, durch die Rückkaufe kommt nichts direkt bei den Aktionären an. Allerdings ist, wie im Blog-Beitrag auch gut beschrieben, das Genussrechtskapital (für die Firma und damit dem Aktionär) recht teuer. Angenommen, alle Genusscheine könnten eingezogen werden, bleiben von jedem Euro Ausschüttung künftig 46 Cent mehr für die Aktionäre übrig. (Abzüglich der Summe, die zum Rückkauf der Genusscheine benötigt wird)
Da kann es schon Sinn machen, die Genusscheine zurückzunehmen.
Und noch mehr Sinn macht es, den Kurs vorher in Keller zu prügeln, um dannn auf niedrigerem Niveau eine “attraktive” Abfindung zu bieten, um möglichst alle Scheine einzusammeln.
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Mensch Euer Text wurde schon im WO Board zitiert/kopiert, ich war es aber nicht! ihr habt wirklich einen guten Ansatz, ich würde euren “Fonds” kaufen. Aber so wie ihr schreibt und wenn ich Bloomberg Screenshots sehe, kommt ihr aus der Branche. Weiterhin viel Erfolg. Drägerwerke ist auf jeden Fall ein Top Pick mit dem ihr noch viel Freude haben werdet ;-).
Hallo Bankster,
vielen Dank für Dein positives Feedback! Wir erstellen die Artikel ja neben der Arbeit abdens oder am Wochenende. Wenn wir dann ein bisschen zum lesen anregen und ein oder zwei gute Hinweise bekommen – macht das ganze doppelt Spaß!
Ich werde wohl mal einen Artikel einstellen und alle Mitleser zum kommentieren auffordern! Das mit W:O ist schon in Ordnung – solange hier nicht irgendwelche Leute in den Kommentaren rumtrollen 😉
Insbesondere wenn wir Lücken in unsereren Investmentthesen haben oder etwas nicht so gut läuft sind wir über “Checks and Balances” sehr froh.
Ein echter Fonds ist für uns noch etwas in weiter Ferne – obwohl das hier sicherlich als ein Abschnitt des Weges dahin ist 😉
Beste Grüße
Valuematze