Kurzanalyse Prokon Genußrechte

ACHTUNG: DER FOLGENDE BEITRAG IST DIE PERSÖNLICHE MEINUNG DES AUTORS UND KEINE ANLAGEEMPFEHLUNG ODER ÄHNLICHES. DIE MEINUNGSBILDUNG ERFOLGTE AUF BASIS ÖFFENTLICH VERFÜGBARER INFORMATIONEN. DER AUTOR HAT KEINERLEI WIRTSCHAFTLICHEN ODER FINANZIELLEN INTERESSEN IN ZUSAMMENHANG MIT DEM BESPROCHENEN WERTPAPIER.

Nachdem mir unaufgefordert ein Flyer für Prokon Genußrechte in die Post geflattert ist und ständig nervende pop ups von Prokon auftauchen, habe ich mir rein interessehalber mal die verfügbaren Informationen “zu Gemüte” geführt.

Kritische Pressestimmen gibt es genug, z.b. im Handelsblatt, Stiftung Warentest und beim Privatanleger.

Als fundamental orientierter Investor sollte man sich generell zwei Fragen stellen:

1) Was für ein Instrument wird da angeboten ?
2) in Anhängigkeit von 1), was steckt fundamental dahinter

Zu 1): Das angebotene Instrument ist ein Genußrecht und die haben im Prinzip folgende “Features”:

a) Die Zahlung der Verzinsung ist in der Regel vom Gewinn abhängig, im Gegensatz zu einer Anleihe oder Bankeinlage wo die Verzinsung Gewinnunabhängig ist

Bei Prokon findet man das im Hauptprospekt immerhin schon auf Seit 4 wie folgt:

Verzinsung
GRUNDVERZINSUNG: 6,00 % pro Jahr ab dem Tag, der auf die Wertstellung der jeweiligen Einzahlung auf dem Konto der Emittentin folgt. Die Auszahlung bzw. automatische Gutschrift (Thesaurierung) der Zinsen erfolgt nur, wenn dadurch bei der Emittentin kein Bilanzverlust entsteht. Nicht ausgezahlte bzw.
gutgeschriebene Grundverzinsung in eventuellen Verlustjahren wird in späteren Gewinnjahren nachgezahlt bzw. gutgeschrieben.

b) oft haben Genußrechte eine direkte Verlustbeteiligung, d.h. bei einem verlust reduziert sich automatisch der Rückzahlungsanspruch

Da muss man schon ein bischen länger suchen, aber auf Seite 47 des Prospektes findet man den entsprechenden Passus:

5. Weist die PROKON Regenerative Energien GmbH & Co. KG in ihrem Jahresabschluss einen Jahresfehlbetrag aus, wird dieser nach vollständiger
Aufzehrung der gesetzlichen und eventuellen gesellschaftsvertraglichen Rücklagen zunächst bis zur Höhe des vorhandenen Kommanditkapitals dem Kommanditisten zugewiesen. Sollte die Emittentin darüber hinausgehende Verluste ausweisen, nimmt das Genussrechtskapital daran bis zur vollen Höhe durch entsprechende Verminderung des Genussrechtskapitals teil. Die Rückzahlungsansprüche der Genussrechtsinhaber vermindern sich entsprechend.

Die Einlage des Kommanditisten wird an anderer Stelle mit 400 Tsd. EUR genannt, bei einem ausstehenden Betrag von über 800 Mio Genußrechten also unerheblich.

c) Im Falle einer Insolvenz und/oder Liquidation sind Genußrechte nachrangig, salopp gesagt bekommt man dann das was noch übrig ist, was in der Realität in solchen Fällen meistens einer “0” entspricht.

Auf Seite 49 findet man den entsprechenden Passus:

§ 11
Auflösung der Emittentin 1. Im Falle der Auflösung der Emittentin haben die Genussrechtsinhaber Anspruch auf Rückzahlung des Genussrechtskapitals zum Buchwert, sofern die Emittentin über ausreichende Liquidität verfügt. Der Buchwert wird ermittelt aus dem Nennwert des eingezahlten Genussrechtskapitals abzüglich noch nicht wieder aufgefüllter Verlustanteile zuzüglich noch nicht ausgezahlter Gewinnanteile.
2. Der Rückzahlungsanspruch besteht vorrangig vor der Rückzahlung des Kommanditkapitals, ansonsten nachrangig nach allen anderen nicht nachrangigen Ansprüchen von Gläubigern der Emittentin.

Zwischenfazit: Das Instrument ist also nach allen “Regeln der Kunst” als sehr nachrangiges Kapital anzusetzen, dass ein direktes Verlustrisiko trägt. Ein Vergleich der Anlage sollte deshalb nie anhand von Bank oder Anleihezinsen erfolgen sondern nur im Vergleich zu anderen Eigenkapitalbeteiligungen.

Kommen wir nun zu Punkt 2), der Fundamentalanalyse.

Dazu empfiehlt sich als erster immer den Blick in den Geschäftsbericht.

Was hier auffällt ist Folgendes:

– als “echten” Abschluss gibt es (ähnlich wie bei WGF) nur einen HGB Einzelabschluss, es fehlt der testierte und wirtschaftlich relevantere Konzernabschluss

–> an dieser Stelle kann man eigentlich als fundamental orientierter Anleger gleich wieder aufhören. Nur ein vollkonsolidierter Abschluss kann als Basis für eine Analyse dienen.

Ab Seite 34 des Geschäftsberichts findet man wörtlich “Summierte betriebswirtschaftliche Erträge und Aufwendungen der PROKON Unternehmensgruppe im
Geschäftsjahr 2010 (Die aufgeführten Zahlen entstammen im Wesentlichen aus nicht von einem Wirtschaftsprüfer bzw. einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
geprüften Jahresabschlüssen.)”

Summiert heisst hier einfach zusammengezählt und vermutlich nicht konsolidiert.

Interessant an der Aufstellung ist die Tatsache, dass eigentlich fast der ganze 2010er Gewinn “ausserordentliches Ergebnis” ist. Dieses “ausserordentliche Ergebnis” ist in der Fussnote wie folgt beschrieben:

Entstanden durch Aufdeckung stiller Reserven im Rahmen von Verkäufen von Beteiligungen, Forderungsverzichte von Banken, Leasingunternehmen sowie innerhalb der PROKON Unternehmensgruppe.

Das ist ein klares Zeichen, das man hier durch internes Hin- und her schieben Gewinne generiert, was diese “summarische” Aufstellung aus fundamentalen Gesichtspunkten völlig bedeutungslos macht.

Ein weiteres Detail aus dem Geschäftsbericht:

– die Genußscheine werden lt. Seite 14 nur von einer “Schwestergesellschaft” der operativen Gesellschaften ausgegeben, nicht von der Mutter. Somit sieht man z.B. nicht, welche Zahlungen an die tatsächlichen Eigentümern zufliessen. Das zumindest war bei WGF immerhin noch etwas transparenter.

– die “Emissionsgesellschaft” selber generiert signifikante Kosten. 2010 waren das 17 Mio von 48 Mio Gesamtertarg, also deutlich über ein Drittel. Bei durchschnittlich (291+477)/2 = 384 Mio ausstehendem Genußrechtskapital, sind das 4.4% “laufende” Einwerbungskosten etc. p.a.

– zusätzlich fällt im WP Bericht zum Einzelabschluss noch auf, dass ca. 43 Mio oder 10% der Mittel nicht in Projekte sondern an “Gesellschafter” gegangen ist.

Ein Wort noch zur sogenannten Rücknahmegarantie:

Folgender Passus steht im Genußscheinprospekt:

Die von den Garantiegebern erklärte Rückkaufgarantie steht unter der Bedingung, dass sie nur dann von den Genussrechtsinhabern in Anspruch
genommen werden kann, wenn durch die Inanspruchnahme bei den Garantiegebern keine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung im Sinne der Insolvenzordnung eintritt. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung durch die Inanspruchnahme aus der Garantie verpflichten sich die Garantiegeber, die Genussrechtsinhaber umgehend davon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihnen mitzuteilen, dass die Garantie ausgesetzt wird. Sobald sichergestellt ist, dass durch eine Inanspruchnahme aus der Garantie bei den Garantiegebern Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung im Sinne der Insolvenzordnung nicht mehr droht, lebt die Garantie in ihrer ursprünglichen Form wieder auf. Die Garantiegeber verpflichten sich, die Genussrechtsinhaber umgehend über diesen Umstand schriftlich in Kenntnis zu setzen.

D.h.in dem Fall wo man die Garantie eigentlich brauchen könnte, zieht sie nicht. Mangels konsolidierten Abschluss kann man auch die “Qualität” der Garantiegeber nicht beurteilen.

Zudem sollte man nicht vergessen, dass die Garantie immer nur auf den jeweils gültigen Nennbetrag läuft. Theoretisch kann also die Genußscheinemittentin einfach einen riesen Verlust ausweisen mit einer entsprechenen Abschreibung auf den Nennwert bevor die Garantie theoretisch ziehen würde.

Damit kann man hier schon ein Fazit ziehen:

– Der Genußschein selbst ist ein hochriskantes Eigenkapitalinstrument
– Die Qualität und Profitabilität des zu Grunde liegenden Geschäfts kann mangels konsolidierten Konzernabschlusses nicht nachvollzogen werden
– der ständige Vergleich mit Bankeinlagen und die sogenannte “Rücknahmegarantie” sind nicht substantiell und stehen in keiner Relation
– wer eine sichere Geldanlage will, sollt die Finger von so einem Genußschein lasen, für spekulative Naturen gibt es sicher transparentere Vehikel

Mir selber ist es nach wie vor ein Rätsel, warum es in Deutschland überhaupt erlaubt ist, ein solches Produkt ohne konsolierten Abchluss in so einer Größenordnung zu vertreiben. Anscheinend sind ja schon über 800 Mio EUR investiert worden, das entspricht eigentlich schon SDAX oder MDAX Niveau.

Aus persönlicher Erfahrung würde es mich auch stark wundern, wenn die Windparks wirklich 8% nach Steuern und den erheblichen Vertriebskosten abwerfen würden. Die Projekte die ich gesehen habe sind (ungehebelt) eher bei 5-7% p.a. gelegen-

UND NOCHMAL DER HINWEIS: ICH HABE KEINE FINANZIELLEN INTERESSEN AN DEM PRODUKT. MIR WURDEN DIE ANGEBOTE UNAUFGEFORDERT ZUGESCHICKT BZW: IN DEN BROWSER “GEPOPPT”.

15 comments

  • Danke Ihnen sehr, bin leichtgläubig und wollte 5000 Euro anlegen, stolperte aber über diese 0,01 € Nennwert und wollte diesen Passus erkunden. Ich bleibe lieber beim Festgeld zu 1,7 Prozent und habe keine Ängste. Danke, danke, danke… RN

  • Ganz interessanter Artikel zu Prokon bei der Welt:
    http://www.welt.de/wirtschaft/article115273815/Deutscher-Windkraftriese-im-Visier-der-Ermittler.html

    Ich bin schon gespannt auf den Konzernabschluss.

  • Genussrecht – was ist bei einer Aktie eigentlich besser?
    Alfred

    • äh, ich weiss nicht ob ich die Frage verstehe, aber eine Stammaktie hat ein Stimmrecht, für das z.B. bei einer Übernahme viel Geld bezahlt wird.

      Zwischen einer Vorzugsaktie und einem Genußrecht ist in der Tat kein großer Unterschied.

  • Es gibt ein ähnliches Konzept für Blockheitzkraftwerke. Dort sollen vor Steuern 9% erwirtschaftet werden. Nach Abzug der Steuern bleiben da noch 4-5 %. Habe mich schon gefragt, wie es möglich sein soll, 8% nach Steuern bedeuten ja mindestens 12-16% vor den Steuern. Wo sind solche hohe Renditen möglich ???

  • Hallo mmi,
    sind es nicht unglaubliche Summen, die auf diese Art und Weise eingesammelt werden können? Ich bin erstaunt, das so etwas immer wieder funktioniert.

    By the way: die WGF veröffentlicht demnächst Geschäftszahlen. Kann man hier eine Analyse erhoffen?

    • Hallo Sabine,

      ja, das volumen bei Prokon ist wirklich erstaunlich. Bin mir aber nicht sicher ob ich Lust habe, mir die Zahlen nochmal anzuschauen. Bin ja schliesslich kein Verbraucherschützer.

      mmi

  • Hallo,
    also grundsätzlich sollte klar sein, dass eine Verzinsung im Bereich von 8 % immer Risiken birgt. Wer auf Nummer sicher geht, bekommt keine hohe Verzinsung. Festgeld gibts derzeit nur um die 2 %. Also ich habe Prokon Genußrechte seit ca. 5 Jahren und noch immer 7 % bis 8 % Zinsen erhalten. Aufgrund des bekannten Risikos natürlich keine Riesensummen investiert, aber es lohnt sich schon. Zudem ist Windenergie, gerade vor dem Hintergrund der geplanten Kappung der Förderung von Solarenergie, sicher kein Auslaufmodell.
    Gruß
    Peter

  • Hi MMI und David
    Vielen Dank ersteinmal für deinen sehr interessanten Beitrag. Ich habe einmal versucht Prokon genauer zu analysieren und zu verstehten, wie das Geschäftsmodel funktioniert (nachzulesen unter: http://www.sfg-value.de/unternehmensanalysen/21-unternehmensanalyse-prokon-genussrechtsscheine).
    Der Artikel ist sehr technisch geworden. Aber ich bin nach meiner Meinung zu der Erkenntnis gekommen, dass Prokon so wie es heute aufgestellt ist nicht funktioniert.

    Gruss,
    Till

    • Hallo Till,

      gute Analyse, so tief bin ich gar nicht eingestiegen. Gewinnwirksames Aktivieren von Projekten scheint ja leider in der “renewables” Branche üblich zu sein, siehe auch die ganzen Solarbuden.

      MMI

  • Hallo mmi,

    da hast du dir ja wirklich sehr viel Mühe gegeben ein “Investment” zu analysieren, wo eigentlich das Ergebnis ja schon ziemlich wahrscheinlich fest stand.

    Mir sind die Papiere auch höchst suspekt, auch wenn ich mir nicht die Geschäftsdaten selbst angeschaut habe. Aber auch ohne umfangreiche betriebswirtschaftliche Kenntnisse sollte sich jeder interessierte Anleger fragen, warum die so stark Werbung machen.

    Die Anzeigen sind ja aus dem Internet der U-Bahn usw. nicht mehr weg zu denken. Und gleichzeitig sind die Konditionen dabei dem Anleger immer mehr entgegen gekommen. Die Stückgelung ist dabei von ursprünglich 1000 Euro auf 100 Euro zurück gegangen und dazu kamen dann “Pseudosicherheiten” wie ein Inflationsschutz.

    Man könnte das Gefühl bekommen, das Geschäftsmodell liegt einzig und allein in der Finanzierung und Refinanzierung. Immerhin gibts es zahlreiche Infobüros, die nicht über die Anlagen beraten, sonder einzig und allein zum Vertrieb der Finanzierungsmittel dienen.

    Ich möcht nicht wissen, wieviel die von den Kapitaleinzahlungen verwenden um wieder neuen Vertrieb zu finanzieren.

    • Hallo David,

      danke für den Kommentar. Soviel Mühe machte es auch wieder nicht.

      In der Tat ist die Art des Vertriebs schon ein Warnzeichen an sich.

      Mich hat es einfach mal interessiert, was die tatsächlich so in ihren Prospekt reinschreiben.

      Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen ….

      Ich kenne leider genügend eigentlich intelligente Leute die auf solche Sachen reinfallen.

      MMI

  • Sehr schöner Beitrag,
    ich selbst halte nicht viel von solchen Genußscheinen auch wenn Sie von einem anderen Anbieter als Prokon kommen. Denke hier an JUWI IPP 7% ca. 20 Mio auch wenn hier die Bilanzstruktur deutlich besser ist.
    LG

    • Sag mir mal, woher juwi die 7% holen – respektive erwirtschaften will. Ist mir ein Rätsel, wie ein Projektentwickler das schafft. Wenns 3% sind, dann ist es gut. Sie können es nicht, weder in Deutschland, noch in Südafrika, noch in Indien. Den Anforderungen eines internationalen EPC-Geschäftes sind sie nicht gewachsen.

      • Hallo Michael,
        die JUWI IPP ist nicht JUWI es sind getrennte Unternehmen. JUWI ist ein Projektentwickler und JUWI betreibt nach schlüsselfertiger Übergabe die Parks mit lokalen Energiewerken. Ich denke schon das sie dem internationalen EPC-Geschäft gewachsen sind, allerdings sind das zwei paar Schuhe

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