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WGF – Halbjahresbericht und Genußschein

Nachdem in den Kommentaren zum ursprünglichen WGF Post auf den Halbjahresbericht hingewiesen wurde, habe ich mir mal den Zwischenbericht per 30.06.2011 angeschaut.

Wie schon im ersten Post angemerkt, kann man fundamental beim AG Bericht rein gar nichts erkennen, man sieht z.B. nicht wie hoch die Mieteinnahmen der Objekte sind, wie die Immobilien bewertet sind, wie hoch die Leerstände sind o.ä.

Auch die Objektpräsentation bringt einen keinen Schritt weiter.

Was man sieht ist, dass auf AG Ebene die Zahlen ziemlich grausam sind. Das Eigenkapital ist von 11 mio. EUR um mehr als die Hälfte auf 4,5 Mio. EUR geschrumpft.

Interessant ist dieser Satz aus dem Bericht, das zeigt schon ein wenig Humor:

Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) in Höhe von -5,42 Mio. Euro stieg um 1,12 % zum Vorjahresberichtszeitraum (-5,36 Mio. Euro).

Aha, man hat also mehr verloren als im Vorjahreszeitraum, aber trotzdem ist man der Meinung dass das Ergebnis gestiegen ist ????

Die positive Seite darf aber nicht vergessen werden: immerhin wird darauf hingewiesen, dass die demnächst fällige Anleihe zurückgezahlt werden soll.

Kommen wir zu den Genußscheinen. Was ich schon mal komisch finde ist die Tatsache, dass das Genußrechtskapital in der Bilanz nicht separat ausgewiesen ist.

Es gibt anscheinend zwei, einmal den “alten” der an der Börse momentan ungefähr zu 60% gehandelt wird:

Der Neue hat über den Coupon hinaus anscheinend noch eine Gewinnbeteiligung. Interessant ist was auf der Beschreibungsseite dazu gesagt wird:

Seit dem 30.06.2011 läuft die Zeichnungsphase des neuen WGF 8 % Premium Plus Genussscheins (WKN: WGFH91). Anleger können ab sofort dieses hoch attraktive Wertpapier mit einer Rendite von bis zu 8 % zzgl. erfolgsabhängiger Komponente zeichnen. Dank eines transparenten Geschäftsmodells sowie der geplanten Verwendung der eingeworbenen Gelder zum Kauf werthaltiger deutscher Immobilien grenzt sich der WGF 8 % Premium Plus Genussschein wohltuend von vergleichbaren Finanzprodukten ab.

Hmm, also besonders transparent finde ich die Nichtveröffentlichung eines konsolidierten Abschlusses nicht.

Weiterhin interessant ist dieser Passus:

Während der Zeichnungsphase des Genussrechtskapitals ergibt sich der Bezugspreis aus der Einzahlungstabelle. Der Bezugskurs berücksichtigt die Tatsache, dass Anleger, die bis zum 30.06.2012 WGF Genussscheine erwerben, am 01.07.2012 ihren Gewinnanteil für das Geschäftsjahr 2011 ausgezahlt bekommen. Nach Abschluss der Zeichnungsphase, voraussichtlich am 30.12.2011, sind die Genussscheine an der Börse Düsseldorf zum jeweiligen Börsenkurs erhältlich.

Laut der verlinkten Tabelle muss man aktuell 102,3% für diesen Genußschein zahlen. Der Vorteil des “neuen” Genußscheins ist folgender:

Das Plus an diesem Produkt ist die Bonusausschüttung in Höhe von 15 %, des nach Abzug der Vorabausschüttung verbleibenden Bilanzgewinnes, welche die Genussscheininhaber für jedes Geschäftsjahr innerhalb der Laufzeit erhalten.

Als Neuanleger sollte man sich mal überlegen, wie hoch dieser Gewinnanteil ausfallen muss, damit ich bei einem Kurs von 102,7% genausogut weg komme wie mit dem “alten” schein zu 60& über die Börse.

Als Genußscheininhaber hat man natürlich ein kleines Problem: Der Genußschein partizipiert ja voll am Verlust. D.h. bei einem Verlust fällt nicht nur der Coupon aus, sondern es wird auch der Nennwert herabgeschrieben.

Wer jetzt den Genußschein kauft (oder hält) muss schon sehr optimistisch sein, was die Bilanzierungskünste der Gesellschaft angeht.

Das Risiko kann man sich auch so verdeutlichen: bei momentan 1,7% Eigenkapital (und einem hebel von 59x) muss der Wert der Immobilien nur um 0,02% sinken und schon ist das Eigenkapital futsch.

Fazit: Jeder der den Genußschein der WGF hält oder kaufen will sollte sich schon sehr genau überlegen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist einen Coupon zu bekommen. der Kurs des gehandelten Genußscheins scheint zumindest einige Zweifel daran auszudrücken. In Anbetracht des Kurses des alten Scheins von ca. 60% scheint der neue zu 102% kein besonders guter Deal zu sein.

WGF Anleihen – Interessant oder lieber Finger weg ?

Leser David hat freundlicherweise in einem Kommentar eine Voranalyse zu WGF Anleihen erstellt, die ich wertfrei einfach mal wieder gebe:

Die WGF (Westfälische Grundbesitz und Finanzverwaltung AG) ist ein Immobilienhandels- und -investmenthaus, das 2003 in Düsseldorf gegründet wurde. Kerngeschäft ist der deutschlandweite Erwerb von Wohn- und Gewerbeimmobilien, die Wertoptimierung der Objekte und der gewinnbringende Verkauf von Portfolios. Die WGF AG finanziert sich bankenunabhängig durch die Emission von Hypothekenanleihen. Mit der Rückzahlung der ersten WGF 6,35 % Hypothekenanleihe im Juli 2009 wurde der Erfolg des Geschäftsmodells eindrucksvoll bestätigt. (hab ich von der Interneseite koppiert)

Ich kannte die Firma bis vor 2 Wochen noch nicht, aber es gab zu lesen, dass der Vorstand die Bafin wegen Verdacht auf Kursmanipulation gegeschaltet hat. Die Hypotkenanleihen, die sonst seit der Auflegung immer einen Kurs um die 100 hatten, sind innerhalb weniger Tag auf Tiefskurse von bis zu 50 abestürzt. Seit dem springen die Kurse täglich ziemlich hin und her. Grund soll wohl die Klage einer düsseldorfer Kanzlei sein, der der Firma ein Schnellballsystem vorwirft, sowie das benutzen von Abgelaufenen Ratings. Laut der Presse sind die Ratings der Creditreform (zuvor Investmentgrad) im Juni abgelaufen. Der Verlängerungsprozess läuft aber. Ein paar interessante Artikel aus dem Netz, könnte ich dazu schonmal liefern:

Interview mit der Vorstand der creditreform über den Ablauf bei Ratingvergaben und den Vorfällen bei der WGF:
http://www.finanzen.net/nachricht/anleihen-Anleihen-Ratings-wollen-gepflegt-werden-1243702

ein Artikel, der nochmal grundsätzlich beschreibt worum es geht:
http://www.risiko-manager.com/index.php?id=81&tx_ttnewstt_news=14349&tx_ttnewsbackPid=25&cHash=4638c5a0b33f9cc42216cfc6f5f84131

WGF – wie kommt der Gewinn zustande:
http://www.rohmert-medien.de/immobilienbrief/wgf-%E2%80%93-wie-kommt-der-gewinn-zustande,113981.html

Grundsätzlich wären für mich noch folgende Fragen interessant:
– Wie seriös ist die düsseldorfer Kanzlei
– Wie wichtig ist der geforderte Konzernabschluss?
– Betreibt die WGF tatsächlich ein Schneeballsystem?
– Sollte die WGF tatsächlich zusammenbrechen, wie gut ist die Hyptokenbesicherung von 115%?

Ich selbst habe bereits ein paar Anteile folgender WKN: A0LDUL Die Anleihe ist bereits 2013 fällig und vom Emissionsvolumen her, eine eher kleinere. Bei Kursen unter 60 waren die Rendite dementsprechend auch sehr interessant. Mein Gedanke dabei war einfach: Würde ich ein Schneeballsystem betreiben, würde ich ja versuchen es so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Also würde ich wenn irgendwie möglich zumindest die ersten Anleihen mit kleinem Volumen noch zurückzahlen.

Was mich hier als allererstes sehr stutzig macht, ist die Frage “Wie wichtig ist der geforderte Konzernabschluss?”.

Interessehalber habe ich mir mal den Geschäftsbericht 2010 der WGF AG angeschaut.

Das Ganze ist recht mühsam, der erste interessante Passus nach 47 Seiten Hochglanz-Immobilienfotos ist dieser hier:

Die WGF AG erstellt den Einzelabschluss nach den zum jeweiligen Bilanzstichtag gültigen Vorschriften des Handelsrecht (HGB). Gemäß den Vorschriften des § 293 HGB in dem größenabhängige Befreiungen geregelt sind, besteht für uns aktuell keine Verpflichtung einen Konzernabschluss aufzustellen und zu veröffentlichen. Durch die Verlagerung der Immobilien in Objektgesellschaften bilden die Kennzahlen des vorliegenden Einzelabschlusses den Immobilienbestand nicht ab.

Die Bilanz ab S. 68 des Geschäftsberichtes besteht ausschliesslich aus Beteiligungsbuchwerten und Forderungen an Tochterunterenehemn, der Umsatz wie schon angemerkt im Wesentlichen aus Verkäufen an Tochterunternehmen.

An dieser Stelle kann man als Valueinvestor auch gleich wieder aufhören, denn die Bilanz ist eine einzige Blackbox, man kann nicht mal die einfachsten relevanten Kennzahlen (Mietrenditen etc.) nachvollziehen.

Ob die Gesellschaft tatsächlich Eigenkapital hat, könnte man nur an einer konsolidierten Bilanz sehen, ebenso inwieweit die Immobilien zumindest einigermassen realistisch bewertet sind. Dass diese Informationen überhaupt nicht verfügbar sind, lassen bei mir eigentlich schon alle Alarmglocken klingeln.

Wer ein bischen die Geschichten zu DEGI Europa und Co. verfolgt hat weiss, wie “flexibel” die Wertgutachten zu Immobilien sind, ohne Angaben zu Mieterträgen lässt sich hier überhaupt keine Aussage zur wirtschaftlichn Situation treffen

Kommen wir zurück zu den Fragen von David:

– Wie seriös ist die düsseldorfer Kanzlei
– Wie wichtig ist der geforderte Konzernabschluss?
– Betreibt die WGF tatsächlich ein Schneeballsystem?
– Sollte die WGF tatsächlich zusammenbrechen, wie gut ist die Hyptokenbesicherung von 115%?

Ich würde die Fragen wie folgt beantworten:
irrelevant
Unverzichtbar
nicht beantwortbar (allerdings klingen in meinem Ohr nach wie vor Alarmglocken)
nicht beantwortbar

Fazit: Für einen Valueinvestor sind die Anleihen egal zu welchem Kurs völlig uninteressant, da man nicht mal im Ansatz die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft nachvollziehen kann und die Bewertung der Immobilien völlig im Dunkeln liegt.