Wie findet man interessante Value Investments: Teil 1 – Ideenfindung

Es gibt ja verschiedene Weisen interessante Value Investments zu finden. Einen guten Weg hatte ja zum Beispiel Valuematze aufgezeigt in seinem Must Read Posting zum Scoring Modell.

Ein solches komplexes Scoring Modell benötigt natürlich einiges an Datenpflegeaufwand, insbesondere wenn man ein sehr großes Universum abdecken will. Selbst “professionelle” Dienste wie Bloomberg liefern einem ziemlich viel Müll, denn man insbesondere bei 10 Jahres Zahlen oft mühsam manuell korrigieren muss.

Zudem kommt man auf diesem Weg nicht zu solchen interessanten Investments wie z.B. eine AIRE KGAA, ein WestLB Genußschein oder eine HT1 Anleihe.

In den Büchern der großen “Gurus” gibt es ja einige Hinweise, wo man für eine interessante Erstauswahl schauen kann.

Relativ bekannt für zum Finden von “Contrarian Investments” sind z.B. diese hier (kein Anspruch auf Vollständigkeit):

1. Liste mit 52 Wochen Tiefs anschauen
2. Aktien mit den niedrigsten KGVs, KBVs, KUVs oder gewichteten Modellen (Magic Formula, Magic Sixes)
3. Aktien die aus Indizes raus gefallen sind, oder Anleihen die in Non-Investmentgrade downgegraded wurden
4. Special Situations z.B. nach Greenblatt (Spin off, post bancruptcy, Mergers, Liquidationen, komplexe Strukturen, Kapitalerhöhungen etc.)
5. Externe Katastrophen oder Sonderereignisse, die zu einem starken Kursverlust führen (BP, Tepco…)
6. Portfolios bekannter Value Gurus (Warren B. etc.)
7. Schlechte Headline News (z.B. Griechenland Pleite, Regulatorische Eingriffe)
8. Blogs, Internetforen

Man sieht schon, dass es sehr viele Möglichkeiten gibt, an interessante Werte zu kommen, das Problem ist aber natürlich wie man dass dann priorisieren kann bzw. soll.

Eines sollte man meines Erachtens sich auch vorher überlegen, bevor man zu suchen anfängt:

Welche Art von “Value Investment” will man eigentlich finden ? Ich würde das in 3 Kategorien unterscheiden:

1. “Deep value” bzw. Contrarian
Das sind z.B. die klassischen Net-nets, oder Magic Sixes, also Aktien die optisch sehr sehr billig sind und bei denen man hofft, dass durch eine “Reversion to the mean” ein entsprechendes Kurspotential besteht

2. “Compounder”
Das sind die bei den Buffet bzw. Munger Jüngern allseits beliebten “tollen” Unternehmen die man aus irgendwelchen Gründen (z.B. ein nicht erkannter Moat, temporäre Problem) zu einem relativ günstigen Preis kaufen kann.

3. “Special Situatons”
Für mich die Kategorien wie bei Greenblatt, dazu kommen aber m.E. noch “relative Value” Situationen we z.B. long/short auf verschiedene Papiere eines Emittenten oder aufsichtsrechtliche Sondersituationen.

Bei Kategorie 1&2 kann man relativ gut über Screener eine erste Auswahl bekommen, für Kategorie 3 sieht es da schon schwieriger aus. Hier bieten sich meiner Erfahrung nach insbesondere die Foren und Aktienblogs an.

Aus meiner Sicht und für meinen Investmentstil wäre Kategorie 3 ganz klar am attraktivsten, allerdings sind das auch die Investments de am schwierigsten zu finden sind und die am meisten Arbeit machen. Zudem sind de Positionen auch oft recht illiquide.

In der Praxis verwende ich auch die Variante, mir reglemässig die Portfolios von Value Gurus anzuschauen. Hier sollte man aber darauf achten, dass der Anlagestil des “Gurus” zum eigenen Stil passt.

Wenn man z.B. selber ein eher konzentriertes Portfolio färt macht es wenig Sinn sich ein Portfolio anzuschauen, dass aus hunderten von Titeln besteht. Meine “Top Gurus” in der Hinsicht sind v.a.

– Tweedy Browne
– FPA Crescent
– Third Avenue

Diese drei Firmen haben den Vorteil, dass sie als “Mutual Fund” quartalsmässig ihre kompletten Portfolios veröffentlichen und nicht nur die meldepflichtigen Positionen.

Mit Abstrichen kommen dann
– Sparinvest
– Bestinver
– Seth Klarmann (wenn er überhaupt in Aktien investiert)
– David Einhorn
– Whitney Tilson (ausser den Shorts 😉
– Prem Watsa
– PIMCO Pathfinder
– und ein wenig Prof. Otte

Das Problem ist oft, dass ich bei anderen “Gurus” und dazu gehört auch Buffet, einfach nicht die gleiche Überzeugung entwicklen kann wenn ich mir die Unternehmen genauer anschaue.

Was man m.E. auf keinen Fall machen sollte ist, eine Aktie zu kaufen nur weil sie z.B. Buffet gerade gekauft hat. Auch der große Buffet hat keine Erfolgsquote von 100%, vielleicht 55% und da man nicht das komplette Portfolio kopieren kann, ist es meiner Ansicht nach geradezu fahrlässig ohne Recherche den Lemming spielen zu wollen.

Fazit: Es gibt viele Möglichkeiten, eine Erstauswahl an interessanten Werten zu bekommen. Am wichtigsten ist es aber wohl, sich vorher zu überlegen welche Art von Value Investment (Contarian, Compounder, Special Situation) man eigentlich haben möchte.

8 comments

  • Hast du Bruce Berkowitz auch auf dem Radar oder kannst du mit seinem Investmentstil nicht so viel anfangen ? Nur weil ich gerade D. Einhorn las … *g*

    http://www.gurufocus.com/StockBuy.php?GuruName=Bruce+Berkowitz

    Sehr guter Blog im Übrigen.

    • #perlenfischer,

      ich muss gestehen, dass ich mit Berkowitz die letzte Zeit nicht mehr viel anfangen kann. Contrarian OK, aber so auf Bankaktien zu setzen hat mit Margin of Safety nichts zu tun.

      mmi

  • Hallo mmi,

    sag mal warum hast du bei deiner Liste eigentlich kaum Deutsche Valueinvestoren? Da guck ich immer ganz besonders gern. Denn ein dort gefunder Wert ist, wie du sagst, ja nur der erste Schritt. Dann kommt die eigene Analyse des Werte und es wird sich zeigen, ob man ebenfalls damit leben kann. Bei deutschen Werte ist ja für mich die Chance noch am größten das Unternehmen auch zu verstehen, als bei ausländischen Nebenwerten.

    Und da steht bei mir Max Otte (so gern ich auch von ihm lese) auf Grund von gestiegener Skepsis nicht mehr gerade an erster Stelle.

  • Hallo David,

    ich kenne da keine kostenlose Alternative die Dir hier weiterhelfen würde. Ich denke auch, dass es das vmtl. nie geben wird, weil einfach die ganze Arbeit die in sowas reingeht ja irgendwo bezahlt werden muss.

    Theoret. könnte man natürlich auch versuchen, sowas über interessierte Privatanleger zu “Crowdsourcen”, das wäre doch mal ein interssantes Projekt 😉

    Zu Bloomberg: M.E. stimmen die Werte da schon zum allergrößten teil. Die “EQS” Funktion finde ich eigentlich ganz schick.

    mmi

    • okay, ich hätte vielleicht nicht Reuters und Bloomberg in eine Tonne werfen sollen (hab mehr mit Reuters zu tun). Aber grundsätzlich gilt glaub ich, dass Sie für Privatanleger und kleiner Institutionelle Investoren viel zu kostspielig sind. “Crowdsourcen” wäre in der Tat ein interessantes Projekt. Vielleicht überleg ich mir ja mal was. Wenn dann geb ich dir bescheid 😉
      Eigentlich hatte ich gehofft, sowas in er Richtung gibts vielleicht schon und ich habs nur noch nicht gefunden…
      Vielen Dank

  • Hi, schöner Artikel 🙂

    Und ich hätte mal eine Frage. Mal angenommen ich möchte mit Hilfe eines Filters nach interessanten Aktien suchen. Welche Möglichkeiten habe ich denn dann? Nach meinem Wissen, ist das Angebot an auswertbaren Unternehmensdaten eher gering. Entweder ich habe einen Bloomberg oder Reuters Zugang, ich greife auf Internetseiten wie Onvista oder div. Aktienfindertools von Depotbanken zurück, oder ich betreibe eine eigene Researchdatenbank mit Unternehmensdaten. Aber irgendwie befriedigt mich keins davon so richtig:

    Reuter / Bloomberg: (betrifft zu mindestens die Terminals die ich kenne)
    – sehr, sehr kostspielig und deshalb für Privatanleger oder kleine inst. Anleger ungeeignet
    – gerade bei europäischen Nebenwerten sind die Daten teilweise unvollständig oder fehlerhaft, weil die Amis anscheinend unteranderem nicht wissen, wie sie mit Vorzugsaktien und nicht börsennotierten Stammaktien umgehen sollen (daraus ergeben sich z.B. irreale KBV’s)
    – die Bedienung ist wenig intuitiv und kompliziert (einfach total veraltet)

    Onvista und weitere Aktienfinder:
    – Unternehmenshistorie oft viel zu kurz (nur die letzten 3 Geschäftsjahre)
    – Unternehmensdatenmenge ungenügend (nur die groben Bilanzpositionen usw.)
    – nur wenige sehr starre Filter möglich (Ich möchte z.b. Bewertungskennzahlen mit Bilanzqualitätskennzahlen zusammen fassen, also sowas wie: KGV 15%, EK-Quote > 60%)

    eigene Researchdatenbank:
    – sehr, sehr aufwendig, ich betreibe das ganze nebenberuflich und da ist für mich schon bei rund 70 Werte (alle Bilanz-, GUV- und Kapitalflussdaten, sowie sonstige Daten) die absolute Schmerzgrenze erreicht

    Also wenn du noch eine weitere Alternative kennst, oder z.b. weißt, wie kleinere Vermögensverwalter usw dies machen, würd ich mich riesig freuen 🙂
    LG David

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