David Einhorn hat ja im Mai fĂŒr Aufsehen gesorgt, als er seinen Micdrosoft Case vorgestellt hat. Im Prinzip war das ja eher eine Art “Acitivist Position”, seiner Meinung nach ist Microsoft v.a. Aufgrund der Person Steve Balmer unterbewertet.
Persönlich sind solche “Activist” Sachen nicht so mein Ding, aber spĂ€testens als Seth Klarman eine relativ signifikante Microsoft Position veröffentlichte war mir klar, dass man Microsoft mal unter (Deep)Value Gesichtpunkten anschauen muss.
Fairerweise muss man sagen, dass Klarman gleichzeitig auch Ă€hnlich groĂe Positionen bei News Corp und BP veröffentlicht hat. Bei den Werten scheint mir aber der Case eher klar zu sein. Sowohl BP wie auch News Corp leiden unter individuellen Problemen, die wenn sie gelöst werden, die Kurse wieder deutlich steigen lassen sollten. Beide Werte notieren relativ nah am Buchwert, d.h. fĂŒr einen Asset orientierten Investor ist das vertrautes Terrain.
Bei Microsoft scheint der Case weniger klar zu sein (KBV ~3,9), warum Klarman hier als “Deep Value Investor” einsteigt.
Schauen wir uns aber zunÀchst Microsoft selber an:
Zum “GeschĂ€ftsmodell” von Microsoft und den weiteren Aussichten kann ich vermutlich nicht wirklich viel Neues beitragen, ich versuche aber mal die wesentlichen Punkte zusammen zu tragen:
Auf der “Plus” Seite stehen
+ wenn es jemals einen klaren “Moat” durch Netzwerkeffekte gegebn hat, dann durch Windows und Office. Die meisten Versuche den Moat anzuknabbern (Linux, Google Docs) sind bislang gescheitert
+ die Firma ist nach wie vor irre profitabel und generiert Unmengen von Cash mit relativ ĂŒberschaubarem Kapitaleinsatz
+ blitzsaubere Bilanz, Nettocash sowie quasi kein Goodwill. F&E wird alles “expensed”
Die allseits bekannten Probleme /Risiken dĂŒrften wohl sein
– Microsoft hat quasi jede neue Entwicklung in den letzten 10-15 jahren verpennt (Mobilfunk, Suchmaschienen etc.)
– man muss jederzeit damit rechnen, dass sie einen groĂen Teil des Cashs fĂŒr eine Akquisition verballern
– aktuelle Entwicklungen (Tablets, Smart Phones etc.) könnten am Moat knabbern bzw. den Moat z.B. bei Windows in bestimmten Bereichen einfach ĂŒberflĂŒssig machen
Warum ist die Aktie so billig ? Ein paar strukurelle GrĂŒnde könnten zusĂ€tzlich noch sein:
– FĂŒr Software/ Technologie Investoren ist das Wachstum zu gering
– der Aktienkurs stagniert seit 13 Jahren, fĂŒr Momentum Investoren uninteressant
– fĂŒr Dividendeninvestoren ist die Dividendenrendite (2,4%) nicht attraktiv genug
– fĂŒr “Mechaniker” sind KBV (3,9) und KUV (3,2) wohl zu hoch
– fĂŒr einen Management Buyout oder Private Equity ist die Firma zu groĂ (Market Cap 220 Mrd USD)
Ich finde in diesem Forbes Artikel wird die “allgemeine Stimmung” ganz gut zusammengefasst:
Microsoft trades at a moderately high PEG of 1.35. Its P/E is 9.6 on earnings forecast to grow 7.1% to $1.76 in 2012. This stock is not over-valued but at that PEG ratio, it does not offer anything to get excited about â unless a 2.65% dividend yield makes your day.
If Microsoftâs board could spin off its gaming division and put Ballmer in charge â then let Steve Jobs run the rest of Microsoft, this stock would look exciting. But that will never happen so for all the media attention that Einhornâs Ira Sohn plug received, Microsoft is likely to remain dead money
ZurĂŒck zu Klarman: In Margin of Safety beschreibt er, dass er durchaus bereit ist auch fĂŒr zukĂŒnftige Cashflows zu zahlen, allerdings nicht oder nur sehr ungern fĂŒr zukĂŒnftiges Wachstum. Diesen Ansatz fasst er wie folgt zusammen:
Once future cash flows are forecast conservatively and an
appropriate discount rate is chosen, present value can be calculated.
In theory, investors might assign different probabilities to
numerous cash flow scenarios, then calculate the expected
value of an investment, multiplying the probability of each scenario
by its respective present value and then summing these
numbers. In practice, given the extreme difficulty of assigning
probabilities to numerous forecasts, investors make do with
only a few likely scenarios. They must then perform sensitivity
analysis in which they evaluate the effect of different cash flow
forecasts and different discount rates on present value. If modest
changes in assumptions cause a substantial change in net
present value, investors would be prudent to exercise caution in
employing this method of valuation.
Ăbersetzt auf Microsoft bedeutet das wohl Folgendes: Irgendwie kommt Klarman wohl ohne BerĂŒcksichtigung von Wachstum mit einer gewissen Discount rate auf einen Wert deutlich ĂŒber dem aktuellen Börsenkurs.
Jetzt könnte man mal wieder den Spiess umdrehen bzw. “reverse Engineeren” und fragen: Mit welchen Annahmen komme ich basierend auf den aktuellen Cashflows auf einen deutlich höheren Wert als der aktuelle Börsenkurs ?
Folgende Ausgangsdaten:
Free Cashflow per Share 2010: 3,18 USD, Avg 3 Jahre 2,68 USD, Avg 5 Jahre 2,43 USD pro Aktie
Nimmt man jetzt einfach mal konstante Cashflows an, kann man sich eine einfache Matrix mit “Intrinsic” Value im VerhĂ€ltnis zum Abzinsungssatz ausrechnen.
EPS/% |
5% |
6% |
7% |
8% |
9% |
10% |
2.43 |
48.6 |
40.5 |
34.7 |
30.4 |
27.0 |
24.3 |
2.68 |
53.6 |
44.7 |
38.3 |
33.5 |
29.8 |
26.8 |
3.18 |
63.6 |
53.0 |
45.4 |
39.8 |
35.3 |
31.8 |
Da Klarman ja immer die “konservativen” Annahmen in den Vordergrund stellt, dĂŒrfte er wohl nicht unbedingt mit dem aktuellen hohe Free Cashflow starten, vielleicht eher mit dem 3 Jahresschnitt. Man sieht recht gut, dass man maximal mit 5-6% diskontieren darf, um einen Wert mit “ordentlich” Margin of Safety zu bekommen.
Eine andere Betrachtungsweise wĂ€re, mit dem aktuellen freien Cashflow zu starten und dafĂŒr mit verschiedenen “Schrumpfungsraten” zu rechnen um ein GefĂŒhl fĂŒr die Bewertung zu bekommen.
|
5% |
6% |
7% |
8% |
9% |
10% |
0% |
63.6 |
53.0 |
45.4 |
39.8 |
35.3 |
31.8 |
-1% |
53.0 |
45.4 |
39.8 |
35.3 |
31.8 |
28.9 |
-2% |
45.4 |
39.8 |
35.3 |
31.8 |
28.9 |
26.5 |
-3% |
39.8 |
35.3 |
31.8 |
28.9 |
26.5 |
24.5 |
Hier sieht man, dass man bei entsprechend niedrigen DiskontierungssĂ€tzen sogar bei dauerhaftem Schrumpfen um 1-2% p.a. noch eine ganz ordentliche “Margin of Safety” hat.
Anmerkung: Falls sich jetzt jemand wundert, warum ich grundsĂ€tzlich den Net Cash nicht abziehe: Damit trage ich der Tatsache Rechnung, das Steve Balmer die Kohle jederzeit fĂŒr einen sinnlosen Kauf rausballern kann.
Kommen wir nun zur entscheidenden Frage: Was wĂŒrde die Verwendung eines Diskontierungszinssatzes von 5-6% rechtfertigen ?
Der “Markt” sagt uns ja bei einem PE von 10, dass er ungefĂ€hr 10% als faire Diskontierungsrate ohne Wachstum ansieht. Das CAPM gibt uns auch einen Wert von um die 10% (“risk free” 2%, Beta 0,9 und Equity Premium 9%).
Das Problem am CAPM ist ja die Tatsache, dass die PrÀmien die Schwankungen der Marktpreise reflektieren, nicht die Schwankungen der zu Grunde liegenden Cashflows. Klarman scheint dies also zu ingorieren und die Cashflows eher als Bond Cashflows zu interpretieren.
Microsoft selber hat ja einige Bonds ausgegeben, darunter eine Anleihe, die noch 30 Jahre lÀuft (ISIN US594918AM64). Diese Anleihe notiert momentan in der Gegend von 4,3% Rendite.
Man könnte jetzt argumentieren, dass die Cashflows fĂŒr den AktionĂ€r, Moat hin oder her, deutlich volatiler sind als fĂŒr einen Bondholder. Dann wĂŒrde ein 5% bzw 6% Abzinsungsfaktor auf die Equity Cashflows sehr aggresiv aussehen.
Jetzt kommt aber das Thema Inflation ins Spiel. In der 4,3% Redite des Bonds ist das volle Inflationsrisiko enthalten. Als Bondholder bekomme ich den Cashflow und sonst nichts. Als AktionĂ€r habe ich aber die Chance, dass Microsoft durch den Moat zumindest die Preissteigerung fĂŒr lange Zeit anpassen kann. D.h. die Cashflows fĂŒr den AktionĂ€r sind eher wie ein “inflation linked bond” denn ein “fixed rate bond”.
Wie relevant das ist, erkennt man wenn man die Rendite z.B. eines 30 jĂ€hrigen “Tips” , also US Inflation Linked Bond mit eienr normalen 30 jĂ€hrigen Staatsanleihe vergleicht.
Ein 30 jĂ€hriger TIPS notiert momentan bei ca. 0,95% “vergleichbaerer Nominalrendite” vs. 3,35% fĂŒr eine Fixed Coupon 30Y Staatsanleihe.
Auf dieser Basis mĂŒsste man dann eine Discountrate auf den Microsoft Free Cash Flow Strom eigentlich mit dem Nominalzins einer TIPS von 1% vergleichen und hĂ€tte dann ganz ordentliche Spreads.
Nur zur Veranschaulichung mal die erste Tabelle diskontiert mit dem jeweiligen “TIPS equivalent”:
Fixed |
5.0% |
6.0% |
7.0% |
8.0% |
9.0% |
10.0% |
TIPS equ. |
2.6% |
3.6% |
4.6% |
5.6% |
6.6% |
7.6% |
2.43 |
95.3 |
68.5 |
53.4 |
43.8 |
37.1 |
32.2 |
2.68 |
105.1 |
75.5 |
58.9 |
48.3 |
40.9 |
35.5 |
3.18 |
124.7 |
89.6 |
69.9 |
57.3 |
48.5 |
42.1 |
Da ist eigenlich nichts spektakulÀres, es zeigt nur, dass wenn man den Cashflowstrom von Microsoft wie einen Inflationsindexierten Bond behandelt, man selbst bei relativ hohen nominalen Abzinsungsfaktoren auf eine schöne Magin of Safety kommt.
Jetzt kann man natĂŒrlich argumentieren, dass man so nicht die Risiken einer “disruptive new Technology” angemessen berĂŒcksichtigt hat, andererseits hebt sich das evtl. auf mit dem Verzicht auf jegliche Wachstumsfantasie ĂŒber die reine Inflationsanpassung hinaus. Ebenso “gratis” gibt es evtl. Activist Shareholder “Attacken” bzw. Erfolge.
Lange Rede kurzer Sinn: LĂ€sst man Wachstum aussen vor und betrachtet den Cashflowstream von Microsoft aufgrund des groĂen Moats wie einen inflationsindexierten Bond Cash Flow, hat man selbst bei relativ hohen Abzinsungsfaktoren (8% p.a.) einen sehr hohen intrinsischen Wert. Im Idealfall könnte Microsoft tatsĂ€chlich eine Art Inflationsschutz zu einem relativ gĂŒnstigen Preis darstellen.
Im 2ten Teil versuche ich dann noch ein paar konkrete Cases zu rechnen und auf die Verwendung ds freien Cashflows bei Microssoft einzugehen.