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Hornbach Teil 4: Warum ist die Aktie günstig ?

Nachdem wir ja in den ersten drei Teilen (Teil 1, Teil 2, Teil 3) hergeleitet haben, sollte man sich natürlich fragen: Warum ist die Aktie so günstig ?

Warum muss man sich diese Frage stellen ? Einfach deshalb, wenn man die Gründe nicht versteht, dann besteht die hohe Wahrscheinlichkeit dass vmtl. die eigene Bewertung vielleicht etwas zu optimistisch ist.

(Möglicher) Grund Nummer 1: Konzernstruktur, Anteilsverhältnisse und geringe Liquidität
Die ungewöhnliche “Doppelstruktur” (Holding und Baumarkt notiert) dürfte schon mal viele abschrecken. Zudem ist die Baumarktaktie wie schon gesagt recht illiquide und in keinem Index. Die Holding Aktie ist zwar im SDAX mit einem Gewicht von 2,75% vertreten, aufgrund der geringen Umsätze besteht da aber die Gefahr dass sie bald herausfällt. Zudem hält die Familie Hornbach die Mehrheit am Baumark, bei der Holding sind nur Vorzüge notiert. Etwaige Übernahmephantasien sind daher hinfällig.

Für einen Valueinvestor, der an einer langfristigen positiven Entwicklung partizipieren will, sind das alles Gründe die für einen Einstieg sprechen und eine relative Unterbewertung z.B. zu Kingfisher, Homedepot etc. erklären können.

Interessant ist in dem Zusammenhang die Tatsache, dass Hornbach ja einen Aktiensplit 1:1 durchführen will. Viel wird das nicht bringen, aber es ist immerhin ein Zeichen guten Willens.

Zwischenfazit: Die Konzernstruktur, Illiquidität und fehlende Übernahmephantasie erklären sicher einen Teil der Unterbewertung, die einen mittel- bis langfristigen Investor aber nicht stören sollte.

Grund Nummer 2: Verhaltener kurzfristiger Ausblick

Hornbach hat im GB 2010 einen eher verhaltenen Ausblick gegeben:

Die Ertragsentwicklung im HORNBACH-Baumarkt-AG Konzern wird in den Geschäftsjahren 2011/2012 und 2012/2013 von der Ertragslage des Segments Baumärkte geprägt. Im Wesentlichen bedingt durch eine leicht niedrigere Handelsspanne, höhere projektgetriebene Verwaltungskosten und höhere Voreröffnungskosten wird das Betriebsergebnis (EBIT) im Konzern der HORNBACH-Baumarkt-AG im laufenden Geschäftsjahr (2011/2012) voraussichtlich auf oder leicht über
dem Niveau des Geschäftsjahres 2010/2011 (119,1 Mio. €) liegen. Wir nehmen bewusst in Kauf, dass die Aufwendungen für Innovationsprojekte unsere Ertragsentwicklung im Geschäftsjahr 2011/2012 bremsen werden. Wir sind aber überzeugt, dass sie in den Folgejahren zu einem beschleunigten Umsatz- und Ergebniswachstum beitragen werden. Daher gehen wir bereits im Geschäftsjahr 2012/2013 davon aus, dass das EBIT deutlich überproportional zum geplanten Umsatzanstieg wachsen wird.

Das wird einige Anleger, die auf ein schnelles Gewinnwachstum gehofft haben enttäuscht haben. Wie wir aber ja schon in den vorigen Teilen erklärt haben, schlägt sich durch die vorsichtige Bilanzierung von Hornbach (Thema “Voreröffnung”) einiges in der GuV nieder was in anderen Unternehmen als Investition gekennzeichnet würde. Allerdings ist natürlich der Ausblick auf niedrigere Handelspannen in der Tat nicht ganz so erfreulich.

Zwischenfazit: Auch der relativ verhaltene Ausblick erklärt einen Teil der Unterbewertung, für einen mittelfristig orientierten Anleger dürfte das aber evtl. eine Chance darstellen.

Grund Nummer 3: Änderungen im Accounting für Operating Leases (IFRS 17)

Nicht ganz zufällig haben wir uns ja vor einigen Tagen intensiver mit den anstehenden Änderungen bei IFRS 17 befasst. Wie viele andere Retailer auch, wird Hornbach seine Operating Leases auf der Bilanz ausweisen müssen, ebenso wie die zugrundeliegenden Vermögensgegenstände. Dadurch wird sich optisch die Verschuldung erhöhen, allerdings wird auch der operative Gewinn deutlich ansteigen. Details dazu in Kürze.

Wichtig ist aber, dass sich für Hornbach dadurch ökonomisch wenig oder gar nichts ändert. In den Rating Modellen sind z.B. operating Leases schon als Verschuldung berücksichtigt. Hinsichtlich ROE, EPS etc. wird sich nix ändern, nur Enterprise Value Kennzahlen werden sich verschlechtern, dafür wird die operative Marge besser aussehen. Dennoch scheint dies den ein oder anderen zu verunsichern.

Zwischenfazit: Die anstehenden Änderungen hinsichtlich Operating Leases (IFRS 17) dürfte für Hornbach kein Problem darstellen, könnte aber vielleicht auch etwas die Zurückhaltung von potentiellen Anlegern erklären

Fazit: Es scheint nachvollziehbare Gründe zu geben, warum die Hornbach Aktie momentan recht günstig aussieht. Diese Gründe sollten aber mittelfristig durch eine gute Unternehmensentwicklung kompensiert werden und könnten auf mittlere Sicht (3-5 Jahre)zu einem gewissen Abbau der Unterbewertung führen.

Operating Leases – Bewertung und anstehende Änderungen (IFRS 17)

Generell wird ja in IFRS nach 2 Arten von Leasing (oder Miet-) Verbindlichkeiten unterschieden:

1) Financing Lease: Hier wird der Großteil der wirtschaftlichen Risiken und Chancen des Leasinggegenstandes vom Leasingnehmer getragen, der entsprechende Leasing Gegenstand wird bilanziert ebenso wie die entsprechende Verbindlichkeit, siehe auch hier . In der GuV werden seperat die Zinskomponente wie auch die Abschreibungen ausgewiesen.

2) Operating Lease: Hier verbleibt der Großteil der Chancen und Risiken beim Leasinggeber, der Leasingnehmer bilanziert weder den Gegenstand noch die Verbindlichkeiten. In der GuV wird nur eine Aufwandsposition gezeigt.

Die Abgrenzung zwischen beiden Kategorien ist eher “fliessend”, wie man auch in den Kommentaren zum relevanten Paragraphen 17 IFRS nachlesen kann.

10. Ob es sich bei einem Leasingverhältnis um ein Finanzierungsleasing oder um ein Operating-Leasingverhältnis handelt, hängt eher von dem wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung als von einer bestimmten formalen Vertragsform ab*. Beispiele für Situationen, die für sich genommen oder in Kombination normalerweise zur Klassifizierung eines Leasingverhältnisses als Finanzierungsleasing führen würden, sind:

(a) am Ende der Laufzeit des Leasingverhältnisses wird dem Leasingnehmer das Eigentum an dem Vermögenswert übertragen;

(b) der Leasingnehmer hat die Kaufoption, den Vermögenswert zu einem Preis zu erwerben, der erwartungsgemäß deutlich niedriger als der zum möglichen Optionsausübungszeitpunkt beizulegende Zeitwert des Vermögenswertes ist, so dass zu Beginn des Leasingverhältnisses hinreichend sicher ist, dass die Option ausgeübt wird;

(c) die Laufzeit des Leasingverhältnisses umfasst den überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Vermögenswertes, auch wenn das Eigentumsrecht nicht übertragen wird;

(d) zu Beginn des Leasingverhältnisses entspricht der Barwert der Mindestleasingzahlungen im Wesentlichen mindestens dem beizulegenden Zeitwert des Leasinggegenstandes; und

(e) die Leasinggegenstände haben eine spezielle Beschaffenheit, so dass sie ohne wesentliche Veränderungen nur vom Leasingnehmer genutzt werden können.

Warum ist das nun relevant im Rahmen einer Unternehmensbewertung ?

Aus meiner Sicht sprechen einige Gründe dafür, sich das bei einer Analyse genauer anzuschauen:

A) “Äpfel und Birnen”
Wie schon in der Definition ersichtlich ist, gibt es große Spielräume Leasingverträge zu gestalten. Vergleicht man also Unternehmen, sollte an insbesondere darauf achten wenn größere (im Anhang ausgewiesene) Operating Lease Verträge bestehen, da diese die Bilanzkennzahlen verfälschen können. Insbesondere Verschuldungsquoten und Return on Assets bzw. Capital schauen “optisch” bei einem Unternehmen mit Operating Leases deutlich besser aus als bei einem Unternehemn, dass die gleichen Vermögensgegenstände auf der Bilanz hält.

B) Anstehende Änderungen IFRS 17
Vermutlich ab 2013 oder 2014 wird es nicht mehr möglich sein, Leasingverträge als “Operating Leases” einzustufen. D.h. es müssen alle Leasingverträge “On Balance” gezeigt werden, näheres dazu findet man z.B. in dieser PWC Studie.

Insbesondere der zweite Punkt legt nahe, dass man bei Unternehmen mit relativ hohen “off balance” Operating Leases schon jetzt bei einer Anslyse so tut als wären die entsprechenden Positionen auf der Bilanz.

Damit kommen wir gleich zur nächsten Frage: Wie genau analysiert man Operating Leases und welche Veränderungen auf Bewertungskennzahlen ergeben sich wenn man diese Vorgänge zurück auf die Bilanz nimmt ?

Wie fast zu erwarten, findet man ein entsprechendes Paper beim Bewertungs Guru Aswath Damodoran. Er benutzt interessanterweise das Beispiel Homedepot, eine Amerikanische Baumarktkette und kommt zu folgenden Schlüssen:

– Für alle klassischen Net Income /Equity basierten Ratios (KGV, KBV) ergibt sich erwartungsgemäss keine Änderungen
– durch die Bilanzverlängerung steigt aber der Enterprise Value
– Es gibt einen positiven Effekt auf das Operating Income
– Insgesamt gibt es aber einen negativen Effekt auf Kennzahlen wie EV/EBITDA, ROA etc.

Einen wichtigen Punkt hat der “Guru” m.E. aber unterschlagen und das ist v.a. für Retailer mit einem großen als Operating lease klassifizierten Filialnetz relevant: In den Operating Lease Verbindlichkeiten können sich signifikante “stille” Reserven oder Lasten verstecken. Ein UK Retailer der beispielsweise in den Boomjahren teure Immobilien für 10 Jahre angemietet hat kommt so schnell aus den Mietverträgen nicht mehr raus und ist damit im Nachteil zu einem Konkurrenten der jetzt billig neue Flächen anmietet.

Fazit: Die Umklassifizierung von Operating Leases “auf die Bilanz” macht v.a. Sinn, wenn man konkurrierende Unternehmen auf Basis von EV/EBITDA vergleichen will. Die reinen Net Income / Equity basierten Kenzahlen ändern sich dadurch in der Regel nicht. Allerdings sollte man sich anschauen, ob nicht stille Lasten (oder Reserven) sich in den Operating Leases “verstecken”