Nach den ersten beiden einführenden Posts (Teil 1 und Teil 2) will ich mich mal an das Geschäftsmodell und an eine erste Bewertung wagen.
Das Geschäftsmodell zum Betreiben von Autobahnen funktioniert in Italien nach meinem Verständnis wie folgt:
1. Die Staatliche Gesellschaft ANAS vergibt exklusiv die Lizenzen an die Autobahnbetreiber für bestimmte Teilstücke.
2. Die Lizenz gilt für einen bestimmten Zeitraum (20-30 Jahre). Der Lizenznehmer ist sowohl für den Bau wie auch für den Betrieb der jeweiligen Strecke zuständig
3. “Upfront” Zahlungen für die Lizenzen gibt es m.W. keine, dafür muss jährlich ein gewisser <Prozentsatz an die ANAS abgeführt werden
4. Der Betreiber darf auf seiner Strecke Lizenzen z.B. an Tankstellen usw vermieten
5. Die Autobahntarife sind reguliert. Tariferhöhungen sind an die Inflation gekoppelt, dazu gibt es Adjustierungen die insgesamteine "angemessene" Kapitalverzinsung gewährleisten sollen, zusätzlich aber auch die "Qualität" etc. berücksichtigen.
6. Nach Ablauf der Zeit geht die Autobahn prinzipiell "free and clear", also ohne Verpflichtungen an den Staat zurück. In Ausnahmefällen muss der nachfolgende Konzessionär eine Mindestablöse bezahlen.
Insbesondere Puntk 6 ist natürlich relevant, d.h. während der Laufeit einer Konzession muss ein Autobahnbetreiber also sowohl Kosten wie auch die Investition und die Kapitalkosten voll reinverdienen.
Die Rückgabe an den Staat ist vmtl. auch der Grund dafür, dass die Autobahn Assets bilanziell als “Immaterielle Assets” geführt werden und über den Konzessionszeitraum abgeschrieben werden müssen.
Somit können wir jetzt eine relativ einfache “Liquidations” oder “Run off” Anylyse machen. Nehmen wir folgendes an:
-Bei der SIAS beträgt der Buchwert der Autobahn Assets ungefähr 3,1 Mrd. EUR, dazu kommen 1,7 Mrd, Nettoschulden
-die aktuelle Abschreibung auf die Autobahnassets beträgt 200 Mio, d.h. wir rechnen einfach mit 15 Jahren Laufzeit der Konzessionen
– d.h. in den nächsten 15 Jahren muss ich aus dem operativen Cashflow (nach Zinsen und Steuern, allerdings vor Abschreibungen) die Schulden verdienen und am besten noch den Buchwert plus Marge.
– 2010 war der operative Cashflow vor Abschreibungen 365 Mio EUR
Damit kann ich einen ersten relativ einfachen internen Zinsfuss rechenen und zwar: Was ist die Breakeven Diskont Rate, mit der ich die 15 Jahre operativen Cashflow abzinsen muss, um sowohl den aktuellen Barwert der Schulden wie auch den Buchwert bedienen zu können.
Der interne Zinsfuss den ich hier erhalte ist mit 1,5% relativ niedrig.
Jetzt muss ich aber berücksichtigen, dass ich auch eine Inflationsanpassung in meinen Cashflows habe. Unterstelle ich z.B. dass mein Operativer Cashflow mit 3% Inflation wächst, habe ich immerhin schon eine interne Verzinsung von 4,5%..
Nun stellt sich natürlich wieder die Frage, was denn ein adäquater Zinssatz ist. Das schöne bei SIAS ist, dass man 2 Bonds austehen hat, davon einen “normalen” Senior Bond mit über neun Jahren Restlaufzeit (WKNR A1A2YJ). Dieser Bond notiert derzeit mit ca. 5,1% Effektivverzinsung, was ca. ein halbes Prozent unter Italienischen Staatsanleihen liegt.
Zinse ich den mit der Inflation indexierten Cashflow mit den 5,1% ab erhalte ich nach Abzug der Schulden ca. 89% des Buchwertes. Damit hat man auch relativ genau die aktuelle Bewertung der SIAS, die bei 0,9x Buchwert.
Zwischenfazit: Die SIAS SpA ist auf einem Niveau bewertet, dass fair wäre wenn man annimmt, dass alle bestehenden Konzessionen einfach ablaufen und die entsprechenden Assets an den Staat zurückgehen (abgezinst mit den SIAS Anleihe Spreads). Alle anderen Aktivitäten, insbes. die Möglichkeit für neue Konzesionen wären mit 0 bewertet. Da die Autostrada ja wie in Teil 2 beschrieben einen Discount von 43% auf die SIAS Aktie aufweist, bekommt man also mit einer Autostrada Aktie im Worst Case ein Run-off Autobahnportfolio mit einer internen Verzinsung von ca. (5.1/0.57) = 8,95%
Nachdem wir uns die Downside angeschaut haben, wäre auch mal ein Blick auf den Normalfall sinnvoll. Auf der Homepage von Autostrada gibt es ein schönes Archiv mit Investorenpräsentationen zurück bis 2004.
Interessant ist z.B. die Präsentation vom Oktober 2005. Auf den Seiten 10 und 11 werden hier die Abläufe der einzelnen Konzessionen dargestellt. Bei der kürzesten (“CISA”, bis 2010) steht da z.B. was von “Terminal value” und “extension in connection with the construction of the Parma – Brennero stretch”.
Ab 2006 steht dann auf den Seiten plötzlich “…Concession has been extended to 2044”. Auf späteren Investorenpräsentationen steht dann noch was von “EU Infringement claims” aber das scheint sich dann in Wohlgefallen aufgelöst zu haben. Auf der aktuellen Investorenpräsentation sieht man dann aber wieder, dass die CISA Konzession mit 2018 angegeben wird.
Lange Rede, kurzer Sinn: Es scheint, dass es durchaus möglich ist, die Konzessionen einfach zu verlängern.
Für die Bewertung bedeutet das Folgendes: Statt einen Run off anzunehmen wie oben, könnte man durchaus auch eine “going concern” Bewertung machen, entweder durch eine “ewige Rente” oder einen Terminal Value (statt 0 wie oben).
Im Going Concern Scenario sollte ich allerdings auch damit rechnen, dass die Abschreibungen wieder investiert werden müssen, damit dann nach 20 Jahren die Autos nicht auf einem Feldweg fahren müssen.
Das Going Concern würde dann starten mit dem Operativen CF von 365 abzgl. 203 Mio Abschreibungen = 162 Mio “Free Cashflow”.
Anbei eine kurze Tabelle, wie sich die Bewertung der SIAS in Abhängigkeit der Discount Rate entwickelt:
| Inflationsrate |
3% |
3% |
3% |
3% |
3% |
| Diskount Rate |
6% |
7% |
8% |
9% |
10% |
| |
| Fair Value Assets |
5,400 |
4,050 |
3,240 |
2,700 |
2,314 |
| abzgl. Schulden |
-1,733 |
-1,733 |
-1,733 |
-1,733 |
-1,733 |
| Equity Value |
3,667 |
2,317 |
1,507 |
967 |
581 |
| Market Value SIAS |
1,244 |
1,244 |
1,244 |
1,244 |
1,244 |
| Discount |
66.1% |
46.3% |
17.5% |
-28.6% |
-114.0% |
D.h. der Breakeven zum Aktuellen Börsenkurs der SIAS liegt bei einer Diskontierungsrate von c.a. 8,5% im Going Concern, über Autostrada kaufe ich also die Autobahnassets zu (8,5/0.57)= 14,9% Free Cash Flow Yield.
Das ist für einen Autobahnbetreiber sehr ordentlich. Bei den Infrastrukturprojekten die ich so kenne, sind 8% eigentlich ein sehr respektabler Wert.
Fazit: Basierend auf den reinen konsolidierten Autobahn Assets der SIAS kaufe ich das Geschäft im Worst case (run off) über die Autostrada mit ca. 8,95% Free Cashflow Yield, im Going Concern Fall mit 14,9% free cashflow Yield. Das bietet m.E. eine ordentliche Margin of Safety inklusive Inflationsschutz und einigermassen Schutz vor Konjunkturschwankungen. Autostarda ist somit ein “heisser” Kandidat für das Value Portfolio.
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